Predigt Efa 2. Juli 2006-06-29

 

1.     Verlust von Hoffnung

2.     Grund zur Hoffnung

a)     Kurzfristig: „… denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich …“ (Psalm 23)

b)    Mittelfristig: „Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles was geschieht, zum Guten.“ (Röm. 8, 28)

c)     Langfristig: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.“ (Joh. 3, 36)

3.     Erziehung zur Hoffnung

a)     Sprache der Hoffnung

b)    Vorbild der Hoffnung

4.     Eröffnung von Hoffnung

 

 

 

1.     Verlust von Hoffnung

 

Hoffnung (verwandt mit engl.: hope, vgl. mittelniederdt.: hopen = hüpfen, (vor Erwartung unruhig) springen, zappeln) zu haben bedeutet, eine zuversichtliche innerliche Ausrichtung gepaart mit einer positiven Erwartungshaltung dahingehend zu haben, dass etwas, das dem Hoffenden wünschenswert erscheint, in der Zukunft eintritt, ohne dass wirkliche Gewissheit besteht.

Das kann ein bestimmtes Ereignis sein, viele Menschen hoffen auf auf lange Gesundheit oder finanzielle Absicherung. Hoffnung ist die umfassende emotionale und unter Umständen handlungsleitende Ausrichtung des Menschen auf Zukunft. Hoffend verhält sich der Mensch positiv zur Zeitlichkeit seiner Existenz.

Hoffnung kann begleitet sein von der Angst und der Sorge, dass das Erwünschte nicht eintritt. Ihr Gegenteil ist die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit, die Resignation oder die Depression.

Hoffnung ist auch eine der drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung.

Margot Käßmann (Hinweis Buch/ Bücher)

Mir erscheint es wichtig, jungen Menschen eine gute Portion Hoffnung mit auf den Weg zu geben. Es gibt Schwierigkeiten, das Leben ist voll von Proble­men, unsere Welt steht schnell am Rande des Ab­grundes. Wenn es aber genügend Menschen mit der Hoffnung gibt, dass eines Tages Gott unter uns woh­nen wird und alle Tränen abgewischt werden, Leid und Schmerz und Tod und Geschrei nicht mehr sein werden - so beschreibt die Bibel eine hoffnungsvolle Zukunft - (Offenbarung 21), dann wird aus der Zu­kunftshoffnung, die über unsere Welt hinausgeht, das Engagement wachsen, in dieser Welt Spuren des Reiches Gottes zu legen.

Gott weiß ja vorn Leiden und Sterben. Der sterbende Mann am Kreuz ist die vielleicht größte Provokation für eine Welt voller Gewalt. Da gewinnt Ostern und Auferstehung Be­deutung für mich.

Diese Hoffnung drängt zur Einmischung in die Welt. Sie wird Christinnen und Christen immer wie­der zur Zivilcourage anregen wie Martin Luther King. Hoffnung muss unterschieden werden von Optimis­mus und Erwartung. Erwartung gilt dem Kommen­den. Optimismus betrifft einen guten Ausgang. Hoff­nung gilt dem noch Ausstehenden. Ohne Hoffnung ist die Welt trost-los im wahrsten Sinne des Wortes!

 

à Hoffnung macht nicht passiv, fatalistisch, sondern aktiv („hüpfen“)

 

Immer mehr Selbstverletzungen (800 000 Mädchen pro Jahr)

Immer mehr Selbstmorde (2. häufigste Todesursache)

Immer mehr exzessiver Alkoholkonsum

 

Hoffnung – alles wird gut?

 

„Wenn dein Kind dich morgen fragt …“ Motto des Kirchentages 2005 in Hannover

Was soll ich sagen, wenn mein Kind mich morgen fragt

 

Haben wir was zu sagen? Können wir was sagen?

Mehr als eine Vertröstung auf die Ewigkeit? Mehr als billiger Trost?

 

 

2.     Grund zur Hoffnung

a)     Kurzfristig: „… denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich …“      „Ich bin, der ich bin“ (2. Mose 3, 14)

 

Es gibt keinen gottverlassenen Ort auf dieser Welt, seit dem Jesus am Kreuz von Golgatha gestorben ist. à Bonhoeffer Film: Selbst die Todeszelle ist nicht gottverlassen.

Jesus: verneint, das Recht auf Leben abgesprochen, leidet Schmerzen, Ablehnung, verlassen von Freunden, erleidet die Gottesferne.

Deshalb ist er mitten im Leid da und ich bin nicht allein.

Kinderlied Kallauch

 

Ich bin nicht allein, wenn ich zur Schule geh. Ich bin nicht allein, wenn ich keinen seh. Ich bin nicht allein am Abend in der Nacht. Ich bin nicht allein, auch wenn es blitzt und kracht. Von oben und von unten, von vorne und von hinten, hältst du deine Hand über mir, mein Gott darum fürchte ich mich nicht … Ich bin nicht allein, wenn mir der Papa fehlt, wenn keiner zu mir hält, wenn meine Freundin geht, wenn niemand mich versteht.

 

„Ich bin, der ich bin da.“

 

Jemand weiß um mich, um meine Not, um meine Freude, um meine Fragen, um meinen Glauben, um meinen Zweifel. Deshalb kann ich voll Hoffnung in die Zukunft gehen!

 

b)    Mittelfristig: „Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles was geschieht, zum Guten.“ (Röm. 8, 28)

à mein Leben besteht aus Bruchstücken, aus gelungenen Sachen, aus Sachen, die schief gegangen sind, aus Fehlern, Irrungen und Wirrungen. Gott verspricht denen, die sagen, ich vertraue dir mein Leben an, dass er aus all dem Gutes geschehen lassen wird.

Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Pam Vredevelt, Cappucino für die Seele Autorin, Beraterin, Rednerin, einen Sohn mit Downsyndrom

Mir fällt da ein Abend ein, an dem ich Nathan in den Schlaf wiegte. In meiner Seele war es so schwarz wie die Nacht draußen. Es war kurz vor Nathans sechstem Ge­burtstag, und Geburtstage lösen bei mir nicht nur Freude, sondern auch Trauer aus, selbst wenn ich versuche, mich auf das Feiern zu konzentrieren. Wir haben so viel, wofür wir dankbar sein können. An jenem Abend aber war ich erade ziemlich fix und fertig, …

Ich wollte nicht, dass Nathan geistig zurückgeblieben war. Er sollte »normal« sein. Ich wollte nicht, dass Nathan stumm war. Ich wollte hören, was er dachte und fühlte.

Ich wollte nicht, dass Nathan in Schule und Gemeinde besondere Hilfe brauchte. Er sollte selbstständig und un­abhängig sein wie Jessie und Ben.

Ich wollte keine Windeln mehr wechseln! Sechs Jahre waren genug. Ich hatte das alles schon früher durchgemacht, diesen Kampf mit der Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit. »Wie soll ich denn eine fröhliche Geburtstagsfeier für Nathan auf die Beine stellen«, fragte ich mich, »wenn ich mir selbst im höchsten Maße bedauernswert vorkomme?« Die Tränen flossen und ich wiegte Nathan ziemlich lange­ - mehr um meinet- als um seinetwillen.

In jenen stillen Momenten ging mir jedoch ganz unver­hofft etwas auf. Ich hatte das Gefühl, als sage Gott zu mir: »Pam, ich gebe dir immer das Beste, was ich habe.« Die Erkenntnis ging mir durch und durch. Ich weinte.

Ich wollte, was ich wollte und wann ich es wollte. Und ich war unglücklich, weil ich meinen Willen nicht bekam. Wenn ich jetzt zurückblicke, muss ich sagen, dass ich wohl wirklich meinte, ich wüsste selbst am besten, was für Na­than und den Rest der Familie gut und richtig war. Und ein Down-Syndrom gehörte nun einmal nicht dazu.

Wir meinen oft, dass wir wissen, was gut für uns ist. Und wir kennen genau die Dinge, die uns hindern glücklich zu sein: ein Detail an unserem Aussehen, Elemente unseres Charakters, Erfahrungen, Spuren, die das Leben an und in uns hinterlassen hat. Und gerne verstecken wir diese Defizite - vor anderen, aber auch vor uns selbst. Wir ärgern uns über unsere Fehler und unsere Wunden ...

Aber Gott hat einen anderen Blick auf unser Leben. Er will, dass wir uns als Person entwicklen, dass wir wachsen zu Menschen, die aus Vertrauen zu Gott und Liebe zu den Menschen handeln. Und da gilt oft,  dass gerade die defizitären, die schwierigen Seiten und Erfahrungen zu besonderen Pluspunkten in unserem Leben werden können, das gerade die Erfahrung, die mich verletzt haben, zu etwas ganz wertvollem in meinem Leben werden kann, zu einer Perle werden kann. Denn Perlen entstehen erst durch Fremdkörper oder Verletzungen.

Perlen, von Weichtieren, meist den Perlmuscheln, erzeugte Gebilde aus kohlensauren Kalk. Perlen entstehen durch eine Verschiebung der Außenschicht des Mantels in das Bindegewebe, durch Verletzung oder durch das Eindringen eines Fremdkörpers oder Parasiten. Perlen entstehen, wo Verletzungen und Fremdkörper verarbeitet werden. So können gerade die schmerzhaften Spuren mein Leben wertvoll machen. Denn das, was mein Leben wertvoll macht, ist nicht mein Haben und auch nicht mein Sein, sondern mein Werden. Wiederum mit Worten von Christa Spilling Nöcker

denn es sind gerade die Wunden,

durch die das Wunder

der Wandlung

möglich wird.

Wer hofft, dass Gott aus allem Gutes machen kann und will, der lebt hoffnungsvoll. Der kann gerade auch gegen die schweren Widerfahrnissen anhoffen, dass sie einen Sinn machen. Wir müssen und sollen nicht alles fatalistisch ertragen. Es darf Dinge geben, die wir nicht verstehen. Getrost dürfen wir drei Körbe aufstellen:

 

·        Dinge zu denen wir sagen: Die dienen uns wirklich zum Guten.

·        Dinge, die mir quer liegen, aber bei denen ich letzten Endes sehe, dass sie gut sind für mich, weil aus ihnen Perlen entstehen.

·        Dinge, die ich nicht verstehe.

 

c)     Langfristig: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.“ (Joh. 3, 36)

Getröstet aus der Ewigkeit, nicht auf die Ewigkeit.

Gott macht aus den Bruchstücken meines Lebens ein Ganzes. Er vollendet mein Leben.

Was bleibt? Was macht Sinn? Die Liebe! Das, was wir für andere tun: Kinder erziehen, Kranke und Alte pflegen, Verantwortung für andere übernehmen, Beruf und Kirche. à Hoffnung heißt zappelig sein, auf das, was kommt – aktiv!

 

3.     Erziehung zur Hoffnung

a)    Sprache der Hoffnung

Der junge Mann in der Todeszelle sagt: Ich glaube nicht an Gott … aber es fehlt ihm die Sprache. Bonhoeffer leiht ihm Sprache, schenkt ihm Worte.

 

In Erich Kästners Roman „Das Doppelte Lottchen“ gibt es gegen Ende des Buches folgende Szene: Die Eltern der Zwillinge lebten getrennt. Der raffinierte Plan der beiden Mädchen hat sie wieder zusammengebracht. In einem Gespräch wollen die Eltern überlegen, ob sie dem Wunsch der Kinder folgen und zusammenbleiben können. Diese warten während des Gesprächs voller Angst und Hoffnung vor dem Zimmer, und eines sagt zum anderen: „Wenn

wir jetzt doch beten könnten!“ Aber es fällt ihnen kein Gebet mehr ein außer dem einen: „Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast!“

Fullbert Steffensky

Damit hatten sie noch eine letzte Erinnerung an das Gebet, an die große Sprache der Wünsche, die ausgreift bis ins Land des Gelingens und die in störrischem Trotz mehr verlangt, als die Gegenwart bietet.

Es ist ein großer Verlust, wenn Kinder nicht mehr die Sprache der Hoffnung kennen.

 

à April 2002: Massaker von Erfurt – Trauerandacht in der Schule; Seelsorger in Eschede; alte Menschen  haben die Lieder im Krankenbett gewusst und gebetet – was soll meine Geberation beten … zum Glück wird wieder auswendig gelernt.

 

à Nur in der Gegenwart leben. Keine Vergangenheit und keine Zukunft.

 

à Aufgabe als Eltern, Großeltern, Paten, Gemeine, Schule

 

Margot Käßmann: Ich denke, die Glaubenserzählungen bieten den Kindern auch Sicherheit. Sie wissen sehr wohl und ahnen, was es heißt, in einer solchen Erzähltradition zu leben. Von Generation zu Generation werden diese Geschichten weitergegeben. Die sind nicht mal eben im Fernsehen neu erfunden. Nein, das sind Geschichten, die Menschen seit Jahrhunderten kennen, die wir von unseren Eltern, Großeltern und den Generationen vor uns ererbt haben und die wir weitergeben. Judentum und Christentum sind Erzählreligionen. Wie sag ich’s meinem Kinde? Zuallererst erzähle ich meinem Kinde weiter, was ich gehört und gelesen habe.

Und wir können Kindern Worte mitgeben, wenn sie in Angst und Gefahr sind: „Vater unser im Himmel...“, „Der Herr ist mein Hirte...“. Wir müssen auch nicht ignorieren, dass Tod und Sterben elementare Themen sind, auch für Kinder.

 

Wenn wir hier gemeinsam das Vater-Unser beten, dann geben wir die Sprache der Hoffnung an unsere Kinder weiter. Vater-Unser im Himmel – nicht der Ort, sondern der Inhalt: Himmel, der Ort unserer Sehnsucht, der Ort unserer Hoffnung auf ein gutes, gelingendes Leben …

Die Psalmen sind eine große Schule des Gebets, das Gesangbuch; Kinder können oft eigene Gebete formulieren:

-          Sarah: „Lieber Gott, danke für Essen und Trinken. Bitte dass wir gesund sind. Lieber Gott, danke, dass die Blumen rot sind.“

-          Okka: „Lieber Gott, beschütze mich. Amen. Lieber Gott, mach, dass meine Mutter und mein Vater mich nie verlassen. Amen.“

-          Philipp: „Lieber Gott, ich freue mich, wenn ich bei meinem Nachbarn Heinz bin, die Kühe am Melken bin, dann macht es mir ganz viel Spaß. Dann füttere ich Heinz die Kühe. Amen.“

-          Okka: „Lieber Gott, ich wünsche meinen Eltern, meinen Geschwistern, mir und meinen Verwandten ein langes Leben. Ich danke dir für das Brot, das Wasser, Getreide, die Kartoffeln, die Bohnen und all das, was wir zum Trinken und Essen haben. Ich möchte keinen Krieg mehr. Ich möchte Frieden.“

-          Marcel: „Lieber Gott, sag mir doch, wie alt du bist. Und ich wünsche mir, dass die Tiere nicht getötet werden. Und dass die Menschen alle gesund sind. Und dass es keine Gewalt mehr gibt.“

-          Andreas: „Lieber Gott! Lass mich viele Tore bei dem Fußballturnier schießen und lass meine Eltern zugucken.“

-          Laura: „Dass Dominik schnell wieder in die Schule zurückkommt. Dass es keinen Krieg mehr auf der Welt gibt. Dass ich kopfüber vom Fünfer springe.“

-          Und noch eine Laura: „Lieber Gott, ich bin dankbar, dass ich Eltern habe. Ich bin dankbar, dass mir meine Eltern immer verzeihen. Ich bin dankbar, dass die Familie zusammen ist. Ich habe Sorgen, weil ich meine Eltern angelogen habe. Ich habe Sorgen, weil Mamas Hund überfahren wurde. Amen.“

-          Stefanie: „Lieber Gott, kannst du mich und meine Freundin wieder vereinen?“

-          Tiberius: „Gott, es ist schlimm, wenn Mama und Papa sich streiten. Kann diese Welt denn nicht ohne Streit bestehen? Amen.“

 

b)    Vorbild der Hoffnung

 

Wie sag ich’s meinem Kinde – diese Frage kann ich nur beantworten, wenn ich selbst mir Zeit für den Glauben nehme. Zeit für mich. Zeit für das Gespräch mit Gott, Zeit für die Stille, Zeit auch für die Gemeinschaft in der Kirche. Heute meinen viele, es gibt Glauben light. So ein bisschen glauben, so ein bisschen Christentum mitnehmen en passant, weil es halt dazu gehört. Glauben aber ist eine Sache, die mein ganzes Leben prägt. Fromm-Sein ist eine Lebenshaltung.

 

·        Gegenstände: Kreuz, Kerze, Ikone, ein Bild

·        Einen Psalm, das Vater-Unser, einen Bibeltext, eine Bibellesehilfe

·        Stille – hören – Samuel: Herr rede, dein Knecht hört … wir: Höre, dein Knecht redet à man bleibt unsicher --- aufschreiben, nachlesen … man wird sicherer – man nennt das modern: ein geistliches Tagebuch führen.

·        Beten ist also auch unserer Seele Nahrung zu geben.

·        Gebetsanliegen – nicht viele: Menschen, Situationen … auf Zettel (oder gleich in das Tagebuch) und Gott hinhalten mit Herr erbarme dich … oder

·        Gebetserhörungen notieren … immer wieder überrascht wie viel passiert, aber auch Dinge, wo sich lange nichts tut …

 

Wir dürfen hier von Kindern lernen!

 

 

4.     Eröffnen von Hoffnung

 

Kinder und Jugendliche brauchen Räume, um sich zu beweisen.

·        Loslassen: nicht an ein blindes Schicksal, sondern an den liebenden Vater. 

·        Zutrauen

·        Räume auch in der Gemeinde – auch Musik, die schräg st, ertragen wir tapfer …

 

Kinder und Jugendliche brauchen konkrete Hilfen:

 

·        Kein Ausbildungsplatz

·        Probleme in der Schule

·        Sorgen

·        Einsamkeit